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Richtig gut zuhören


Es gibt ein paar Wünsche die ich habe:


Mehr Menschlichkeit, mehr Empathie, mehr Einfühlungsvermögen, mehr Respekt, mehr Gelassenheit und Wertschätzung im Umgang miteinander Ich wünsche mir auch, dass wir wieder mehr lernen zuzuhören.

Und das fängt mit einer Haltung und Frage an:

Möchte ich zuhören, um eine Antwort zu geben oder möchte ich zuhören, um zu verstehen?


Hören wir zu, um eine Antwort zu geben, dann beschäftigen wir uns mitten im Gespräch schon mit einigen Fragen:

- Wie lautet meine Antwort?

- Fällt mir dazu eine Geschichte ein?

- Wie sage ich es?

- Was sind meine Gründe?

- Wie stehe ich da?


Doch genau in diesem Moment hören wir damit auf, zuzuhören. Unser Gehirn rattert und unsere Aufmerksamkeit richtet sich auf unsere Antwort. Wichtige Informationen bekommen wir ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit.


Hören wir allerdings zu, um zu verstehen, dann legen wir unseren Fokus auf das, was unser Gegenüber erzählt. Wir brauchen nicht zu bewerten, sondern verstehen. Wir können gezielt Fragen stellen, ob wir alles richtig verstanden haben. Wir können alles aus unserer Sicht wiederholen, somit ist die Wahrscheinlichkeit, alles richtig verstanden zu haben, sehr hoch.


Unsere Fragen dienen uns als Taschenlampe, um den Inhalt des Gesprächs auszuleuchten.

Richtig gut zuhören ist eine der größten Kompetenzen in der sozialen Intelligenz. Sie ist erlernbar.


Das habe ich mir für dieses Jahr auch vorgenommen. Besser zuzuhören.


Dazu möchte ich Dir noch eine kleine Geschichte erzählen. Es ist eine Geschichte, die mir eine sehr gute Freundin vor ein paar Jahren erzählt hat. Sie handelt von ihrem Opa, der ihr immer zugehört hat.


Jutta und ihr Opa Josef saßen auf einer kleinen Bank an einem kleinen Bach, der durch einen schönen Wald verlief. In diesem Ort hatten sie schon sehr häufig - seit Juttas Kindheit- gesessen und immer wieder gemeinsam die Aussicht auf den schönen Wald genossen.

Heute ging es Jutta nicht so gut und sie saß betrübt neben ihrem Opa. Als er sie darauf ansprach, berichtete sie ihm von einem Streit mit ihrem Chef, einem schwierigen Gespräch mit ihrer besten Freundin und einigen anderen, kleinen Dingen.

Ihr Opa hörte ihr zunächst gut zu, stellte ein paar Fragen, um es besser zu verstehen und manchmal sprach er ganz ruhig und gelassen, wie er darüber dachte und was er tun würde. Sie mochte diese Gespräche mit ihrem Opa.


Er hatte eine ruhige und verständnisvolle Art und Jutta fühlte sich bei ihm total geborgen. Ihr Opa hörte unglaublich gut zu und konnte die Dinge von mehreren Seiten betrachten. Schon oft hatte auch sie dadurch neue Blickwinkel gewonnen oder war im Gespräch auf Lösungen gekommen. Nach solchen Gesprächen waren manche Probleme deutlich leichter oder sie fand positive Aspekte, die sie vorher nicht sehen konnte.

Über das bevorstehende, schwierige Gespräch mit ihrer besten Freundin sprachen die beiden sehr lange an ihrem Lieblingsort. Jutta überlegte, wie sie ihrer Freundin sagen sollte, dass sie sich durch ihren neuen Freund verändert hatte und Jutta das nicht gefiel, in welche Richtung sie diese Veränderung wahrgenommen hat.


Jutta hatte Sorge um ihre beste Freundin, da diese ihr Leben und ihre eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen schien. Es schien, als würde ihre beste Freundin sich selbst verlieren.

Ihr Opa sprach darüber, wie Jutta ihre Sorgen und Bedürfnisse ansprechen könnte, ohne ihrer besten Freundin Vorwürfe zu machen und die langjährige Freundschaft zu gefährden. Wichtig schien ihm, das Ganze als Bitte zu formulieren und dass Jutta aus ihrer Sicht schilderte, was sie empfand. Jutta nahm diese Idee offen auf und spürte, dass ein Gespräch so leichter sein und ihre Freundin sie verstehen könnte.


Sie drückte ihren Opa und bedankte sich herzlich. „Jetzt habe ich Dir so viel Zeit gestohlen. Du hast Dir so viel Zeit für mich und meine Probleme genommen.“, senkte sie den Kopf, „Das kann ich gar nicht wieder gutmachen.“


Ihr Opa lächelte, „DU ... hast mir Zeit mir Dir - geschenkt und nicht genommen.“, er schaute seine erwachsene Enkelin an, „Ich darf hier mit Dir sitzen und Dir ein bisschen zuhören und meine Meinung mit Dir teilen. Eines Tages werden wir nicht mehr hier sitzen. Daher genieße ich jeden Moment mit Dir, den Du mir schenkst.“


Auch aus dieser Sicht dürfen wir zuhören verstehen und dafür dankbar sein.


Ich wünsche Dir einen wunderschönen Tag.


Alles Liebe für Dich.

Dein Carsten

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